Mittwoch, 28. September 2011

Japan aktuell: Wasserstoffansammlungen im AKW und radioaktive Abfälle in Fukushima

26. September 2011

Spreadnews hatte seine Leser gefragt, ob eine Weiterführung der Japan-Berichterstattung gewünscht wird, oder diese abgesetzt werden soll. Nachdem es sowohl in den Artikelkommentaren, als auch per E-Mail sehr starkes Feedback mit Bitten zur Weiterführung der “Japan aktuell”  Artikel gab, werden wir dem Wunsch unserer Leser entsprechen und weiterhin über das Thema und die Geschehnisse rund um die Krise des AKW Fukushima aktuell berichten.
Nach dem Wochenende überraschte der Betreiber des AKW Fukushima die Presse mit einer ganzen Reihe von Aufnahmen, die Anlagen an den Reaktoren 5 und 6 zeigen. Auch wenn sie in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Berichten stehen, sollen an dieser Stelle drei gezeigt werden.
Fukushima News und sonstige Informationen zur japanischen Krise somit auch an diesem Montag im Spreadnews Japan-Ticker vom 26. September 2011.
Cäsiumwerte in Reis überschreiten Limit: Nachdem am Samstag bekannt geworden war, dass in Proben der Reissorte Hitomebora die am 12. September im Stadteil Iwashiro von Nihonmatsu (Präf. Fukushima) entnommen worden waren, der zulässige Wert von 500 Becquerel pro Kilogramm überschritten wurde, haben die verantwortlichen Behörden Maßnahmen ergriffen.
Erstmals fand die Regelung Anwendung, derzufolge Gebiete in denen eine Belastung des Reises von über 200 Bq/kg nachgewiesen wird, den Status eines “Sonderaufsichtsgebiets” erhalten, in dem für jeden 15. Hektar ein weiterer Strahlungstest erfolgt. Das berichtet die Asahi Shimbun.
Mehrere Millionen Kubikmeter kontaminierter Boden zu entsorgen: Wie die Yomiuri Shimbun berichtet, geht das Umweltministerium nach Durchführung von Simulationen davon aus, dass insgesamt 28 Millionen Kubikzentimeter radioaktiv belasteter Boden in der Präfektur Fukushima abgetragen werden müssen. Die Entsorgung gilt als Schlüsselement für eine mögliche Rückkehr in betroffene Gebiete.

Umweltschutzministerium erlaubt Entsorgung von kontaminierter Asche: Basierend auf einer vergleichbaren Regelung für radioaktiv belasteten Bauschutt, hat das Umweltministerium in der Frage zur Entsorgung radioaktiver Asche am 25. September eine Entscheidung getroffen. Ausgehend von der Praxis bei Schutt, soll nun auch die Entsorgung von schwer radioaktiv belasteter Asche mit Werten über 100 000 Becquerel pro Kilogramm  in Erdgräben erlaubt werden.

Voraussetzung ist einem Bericht der Mainichi Shimbun zufolge, dass die Asche durch die Vermischung mit Zement gebunden wird und geeignete Maßnahmen getroffen werden, um eine Kontamination des Grundwassers zu verhindern. Mit diesem Entschluss wird versucht, des bisherigen Lagerungsproblems von kontaminierter Asche aus Müllverbrennungsanlagen “Herr” zu werden.

Zudem erwägt das Ministerium die Lagerung von giftigen Schwermetallen auf bereits vorhandenen Deponien, sofern diese über Betonmauern oder geeignete Maßnahmen verfügt, um ein Eindringen dieser Substanzen in das Grundwasser zu verhindern.

Wasserstoff in Rohren gefunden -  Explosionsgefahr gering:
In Rohren am Reaktor 1 der Atomkraftwerks Fukushima Daiichi hat sich nach Angaben des Betreibers TEPCO mit einem Prozent des Volumens mehr Wasserstoff angesammelt, als bislang angenommen.
Die Explosionsgefahr sei jedoch gering, da durch die kontinuierliche Einspeisung von Stickstoff der Gehalt an Sauerstoff zu gering sei, um eine gefährliche Reaktion mit dem Wasserstoff einzugehen. Erst ab einer Wasserstoffkonzentration über vier, verbunden mit einer Sauerstoffkonzentration über fünf Prozent bestehe ein Risiko.
Das Unternehmen räumte jedoch ein, es sei nicht klar ob sich der Wasserstoff unmittelbar nach Beginn der Krise, oder erst im späteren Verlauf entwickelt habe, zudem sei eine Messung des möglichen Wasserstoffgehalts im Sicherheitsbehälter des Reaktors nicht möglich.
Der Umstand war durch Gasmessungen während Arbeiten an der Installation eines Filters zur Verhinderung der freisetzung radioaktiven Materials aufgefallen. Das berichten die Nachrichtenagentur jiji und die Asahi Shimbun.

Aufforderung zur Stilllegung des AKW Hamaoka übernommen: Wie am 22. September angekündigt (Spreadnews berichtete), hat die Gemeindeversammlung der Stadt Makinohara (Präf. Shizuoka) eine Resolution vorgelegt, in der die permanente Abschaltung des 10 Kilometer weiten Kernkraftwerks Hamaoka gefordert wird. Auch Bürgermeister Shigeki Ishihara unterstützt diese Forderung.

Eine von der Stadt im Juni und Juli durchgeführte Befragung hatte ergeben, dass 60 Prozent der Einwohner eine dauerhafte Stilllegung fordern. Zudem hätten sechs  der zehn  dort mit Niederlassungen vertretenen Betriebe, darunter auch die Suzuku Motor Company Erwägungen, das Gebiet aus Sicherheitsgründen zu verlassen.
Als Begründung für das Begehren der Bürger führt deren Schrift an, dass sich das Kernkraftwerk auf dem angenommenen Epizentrum des für die nahe Zukunft erwarteten Tokai-Erdbebens” befinde. Entsprechende Meldungen fanden sich bei der Nachrichtenagentur Kyodo und der Mainichi Shimbun.
Untersuchung zeigt Anfälligkeit des AKW Hamaoka für Tsunami: Eine Untersuchung des Erdbebenforschungsinstituts der Universität Tokyo kommt zu dem Schluss, dass aufgrund der geologischen Gegebenheiten des Meeresbodens das Kernkraftwerk Hamaoka sich an jenem Punkt befindet, an dem sich voraussichtlich die Energie eines Tsunami konzentrieren wird.
Der Betreiber, Chubu Electrics, gibt derweil 100 Milliarden Yen für die Erbauung eines 18 Meter hohen und 1,6 Kilometer langen Wellenbrecherdamms von zwei Metern Dicke und die Durchführung weiterer Maßnahmen aus. Die Anlage, deren Fertigstellung für Dezember kommenden Jahres geplant ist, soll Tsunami von bis zu acht Metern Höhe standhalten, berichtet die Mainichi Shimbun.

Japanischer Experte über Fukushima "Es ist immer noch sehr gefährlich"

http://www.taz.de/Japanischer-Experte-ueber-Fukushima/!78742/
23.09.2011
 
Japanischer Experte über Fukushima

"Es ist immer noch sehr gefährlich"

In allen Reaktoren sind wohl die Druckbehälter geschmolzen, sagt Regierungsberater Tatsujiro Suzuki. Kontrollieren kann das wegen der Strahlung aber niemand. Die meisten Kosten trägt der Staat.Interview BERNHARD PÖTTE

"Alle drei Reaktoren kühlen langsam herunter. Aber das ist nicht das Ende der Probleme und garantiert keine Sicherheit": Ruine des AKW Fukushima.   Bild:  dpa
taz: Herr Suzuki, über das havarierte AKW in Fukushima ist ein schwerer Taifun hinweggegangen. Hat er die radioaktive Belastung verstärkt?
Es scheint, dass alles in Ordnung ist. Wir waren besorgt, dass bei schwerem Regen das verseuchte Wasser die Anlage überfluten könnte oder radioaktive Partikel aus der Anlage in die Gegend verweht werden könnten. Aber es gibt keine Anzeichen für erhöhte Radioaktivität.
Wann wird die Situation so weit unter Kontrolle sein, dass man nicht bei jedem Sturm mit dem Schlimmsten rechnen muss?
Wir hatten Glück. Die Betreiber haben die Gebäude verstärkt, gerade rechtzeitig vor der Taifunsaison, auch gegen Nachbeben. Die Regierung jedenfalls plant, die Reaktoren bis zum Ende des Jahres herunterzufahren.

Die Kinder von Fukushima 25 September 2011

http://www.faz.net/artikel/C31325/japan-die-kinder-von-fukushima-30690959.html

Die Kinder von Fukushima

Wie hoch ist die Strahlung? Was kann man tun? Die Bewohner der Stadt Fukushima fühlen sich von den Behörden alleingelassen. Manche sagen sogar, man missbrauche sie als Versuchskaninchen.


25. September 2011 
Mit dem Atomunfall hat für Miyako Okochi aus Fukushima eine Zeit endloser Sorgen und Ängste begonnen. Ein halbes Jahr nach der Katastrophe ist die Strahlung immer noch erhöht in der Präfekturhauptstadt, die 60 Kilometer vom havarierten Kraftwerk entfernt liegt. Schulen und Grünflächen sind kontaminiert, es gibt viele „Hotspots“ mit hoher Strahlung. Frau Okochi fürchtet um die Gesundheit ihrer drei Kinder. Sie würde gerne wegziehen aus Fukushima, doch das würde bedeuten, dass sie und ihr Mann ihre Arbeitsstellen verlieren.
Seit mehr als sechs Monaten leben die 300.000 Einwohner von Fukushima-Stadt mit der Verstrahlung und fühlen sich von den Behörden, der Präfektur und der Zentralregierung schlecht informiert und allein gelassen. Die Stadt Fukushima liegt außerhalb der Evakuierungszone um das Kernkraftwerk, verzeichnet aber teilweise höhere Strahlungswerte als einige Orte innerhalb der Zone. Zu wenig täten die Präfektur und Regierung zum Schutz der Bürger von Fukushima und vor allem ihrer Kinder, und das auch noch zu spät, klagen Bewohner.